Tango sells!
So ist es jedenfalls bei mir.
Seit ich Tango tanze, fällt mir auf, was alles den Namen Tango trägt und irgendwie denke ich, wenn Tango draufsteht, muss auch Tango drin sein, ergo muss es fantastisch sein.
Dass die hoch angepriesene „Tango-Trainingshose“ eigentlich nix anderes ist, als eine stinknormale Jerseyhose, die man für den halben Preis auch im Shop für Gymnastik und Jazzdance bekommt, erscheint dann nebensächlich.
Und auch ein Auto namens Tango bringt mich wahrscheinlich nicht besser oder schlechter ans Ziel.
Letztens stoße ich dann beim Surfen im Netz auf Tango – das Parfum!
Schwupps! Angefixt!
Ich schloss die Augen und stellte mir einen Duft vor, der dem Tango entspricht, bzw. ihn beim Tanzen „untermalt“. Wohlige Wärme, aber auch Leichtigkeit, einen Spritzer frische Milonga, ein Hauch blumiger Vals und natürlich klassische Tangonoten…das Ganze so, dass man olfaktorisch angenehm wahrgenommen wird, aber seinen Tanzpartner nicht komplett damit erschlägt.
Mit rund 35 Euro für die kleinste Größe war der Duft durchaus erschwinglich und im Vergleich zu den Kreationen meines Lieblings-Parfümeurs, Serge Lutens, geradezu billig!
5 Tage später kam das Päckchen. Verpackung und Flakon spiegelten alle Klischees des Tangos wieder: Ein bisschen Schwarz und Rot, florale Ornamente, der Flakon in eher klassischer Form gehalten und etwas Gold – was will Tanguera mehr.
Dann sprühte ich!
Vor meinem inneren Auge erschienen alte, sehr alte mondäne Damen.
Ich dachte an meine Großtante Erna, die noch mit einem alten Feh (russisches Eichhörnchen) herumlief (Hermelin Fuchs oder Nerz waren für sie unerschwinglich) und zu jeder Jahreszeit edle Handschuhe trug. Sie roch erstaunlich ähnlich, wenn sie mich an sich drückte.
Die Beschreibung des Duftes auf der Homepage hätte mich eigentlich warnen können. Gardenien, Orchideen, Opoponax, Cananga, Ylang Ylang, Jasmin und Patchouly, balsamische Noten gepaart mit blumig-holziger Extravaganz sprechen eher nicht für „dezentes Beiwerk zum Tanze“.
Zwar soll Opoponax, das Räucherharz der Bisabol-Myrrhe, entspannend wirken und die Sinne und Beobachtungsgabe schärfen, was für den Tango sicherlich hilfreich ist, dennoch stiegen in mir eher Erinnerungen an sonntägliche Kirchgänge mit dem katholischen Teil meiner Mischpoche auf – wird das Harz doch auch gerne in Kirchen verräuchert.
Meine Hoffnung auf Tango tanzen und nach Tango duften war dahin!
Diese Duftkreation erschien mir wie ein perfides Sekret aus Flora und Fauna, dass den
Tanzpartner benebelt und reaktionsunfähig macht und über Tage, wenn nicht Wochen geruchlich markiert.
Als später ein Freund zu Besuch kam und eine „Duftprobe“ nahm, sagte er schlicht: „Tango stinkt!“
So kann man es auch ausdrücken.
Nun, die Ausweitung der Tango-Euphorie auf alle möglichen Produkte führt auch zu positiven Erlebnissen.
Eine mir bekannte Berliner Tänzerin hatte sich im Begeisterungstaumel ein Fahrrad „Fixie Tango“ zugelegt, welches sie während einer Tangonacht an einem Laternenpfahl angekettete. Unglücklicherweise geschah das in einem Bezirk namens „Neukölln“, der sich dadurch auszeichnet, dass marodierende Banden nächtens die Vorderräder herrenloser Drahtesel zu ihrem Amusement verbiegen.
Als sie also nach der Milonga etwas betroffen vor ihrem „Tango“-Gefährt mit leicht deformierten Vorderrad stand, konnte ich ihr dann doch den Hinweis geben, dass sie nun auf der gesamten Heimfahrt immerhin noch schön die Achten üben kann.
So hatte sich letztlich doch alles ins Positive gewendet.
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Mmmhhh… das phonetische alfabet, das in der nato verwandt wird, geht von Alfa bis Zulu. Mittendrin:Tango. Das muss uns doch auch nicht irritieren. Oder?
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Nun, man kann sich fragen, ob dabei eine Tanz-Rangfolge impliziert werden sollte, denn wer das NATO-Alphabet gelernt hat, weiss natürlich, dass Foxtrot(t) phonetisch vor Tango steht, aber ich fürchte, dass dies aus naheliegenden Gründen den ehemals westberliner Wehrflüchtigen nicht bekannt sein dürfte.
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