Als ich seinen Cabeceo erwidere, freue ich mich auf die Tangos mit ihm. Zwei oder drei Tandas hatten wir auf diesem Festival schon. Er tanzt gut und, was fast noch wichtiger ist, wir harmonieren tänzerisch miteinander. Der erste Tango fühlt sich schon fast vertraut an. Ab dem zweiten wird er mutiger, probiert mehr. Nicht alles gelingt, er schaltet wieder einen Gang zurück. In der Pause zwischen den Liedern sagt er: „Darf ich Dich etwas fragen?“, „Ja, natürlich“, antworte ich. Er fährt fort: „Hast Du heute etwas getrunken, also Alkohol meine ich?“ Ich schaue ihn entgeistert an. Mehr als eine oder zwei Weißweinschorlen trinke ich auf Milongas nie, zumindest nicht, wenn ich noch tanzen will. Er bemerkt meinen Gesichtsausdruck und fügt erklärend hinzu: „Weißt Du, als wir gestern getanzt haben, hatte ich das Gefühl, wir sind total stabil und können auf der Tanzfläche alles miteinander machen. Wir hatten eine so tolle Verbindung. Heute merke ich, dass das anders ist, und ich frage mich, woran es liegt. Deshalb dachte ich, vielleicht hast Du schon Alkohol getrunken.“
Ich bin noch irgendwo zwischen absoluter Fassungslosigkeit und Mitgefühl für dieses kommunikative Ungeschick, als die Musik weitergeht und wir die Tanda im wahrsten Sinne des Wortes nüchtern zu Ende bringen.
Könnte es sein, dass es sich empfiehlt, den Lobpreisungen in eigener Sache von Veranstaltern mancher Marathons und Encuentros über ihre handverlesenen und ausgesuchten Gäste wenig Glauben zu schenken? So würde sich das Auftauchen manches Flegels, wie im geschilderten Falle erklären lassen.
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Das ganz sicher auch. Wer ein schönes Facebookprofil erstellen kann, ist dabei klar im Vorteil, über die Tanz- und Verhaltensqualität sagt das leider nicht viel aus.
Doch will ich den Herren gar nicht generell als Flegel verurteilen. Mehr als diese verunglückte Kommunikation hat er sich – zumindest mir gegenüber – nicht zuschulden kommen lassen. Und in Gedanken höre ich nur wieder meinen Großvater sagen: „Erst denken, dann reden.“ Das allein hätte vermutlich schon geholfen.
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Ich verstehe deine Aufregung nicht, ich finde die Frage berechtigt und völlig in Ordnung. Alkohol hat einen Einfluss und ich bemerke den Unterschied im Tanz.
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Wenn ein Tanz nicht so läuft, wie du es dir vorstellst, fragst du einfach mal die dir vollkommen fremde Tanzpartnerin, ob sie besoffen ist? Na dann, Prost.
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So wie du es in deinem Beitrag beschrieben hast, hat er sehr vorsichtig gefragt, ob du schon etwas getrunken hast, auf der Suche nach der Ursache für die schlechtere connección – ihr hattet ja schon „zwei oder drei [erfolgreiche] Tandas“ miteinander.
Also ja, so würde ich vermutlich auch fragen.
Ich habe auch schon Tandas mit angetrunkenen Partnerinnen zu Ende getanzt. Aber diese dann eine Weile gemieden und mindestens einer auch gesagt, warum.
Ich selbst trinke selten Alkohol auf Milongas, weil ich merke, dass mein Tanzvermögen leidet.
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Nur hatte ich lediglich einen Espresso getrunken – wie Du auch trinke ich auf Milongas selten und wenn, dann sehr wenig Alkohol. Und dann ist so eine Frage, egal wie vorsichtig, nicht vorsichtig genug – aus meiner Sicht.
Zudem finde ich den Ansatz sehr gewagt, die Ursache ausschließlich bei der Partnerin zu suchen und das auch so zu adressieren.
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Ok, jetzt verstehe ich deine Aufregung.
Dann hast du hoffentlich geantwortet: „Ich nicht, du etwa?“ 😉
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Das merke ich mir fürs nächste Mal. 😀
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